Die Fahrwerks-Restaurierung ist eine Domäne des Hamburger Condor Teams der DLBS.
Das Wissen über das Zusammenspiel von Mechanik, Hydraulik, die Behandlung von hochbelasteten Werkstoffen und das Know-How über Luft-Öl-Federbeine, gepaart mit den passenden Arbeitsmitteln und Arbeitsprozessen, garantiert eine tadellose Restaurierung des gesamten Fahrwerkes. Schließlich soll das Flugzeug wieder sicher auf eigenen Beinen stehen und sicher rangiert werden können. Insgesamt kommen über 10 to an Strukturmasse zum Tragen, die das restaurierte Fahrwerk stemmen muss. Dabei hat hier die Sicherheit oberste Priorität, wie beim gesamten Restaurierungsprojekt, wenn es um Struktur- und Arbeitssicherheit geht. In einer späteren Ausstellung wir das Flugzeug aufgebockt, damit das Fahrwerk vom Eigengewicht der Maschine entlastet wird.
Das Fahrwerk ist für sich genommen, ein nicht so einfaches Bauteil. Die Bauweise und Funktion sind eigentlich nicht so leicht zu beschreiben. Darum übernehmen wir die Fahrwerksbeschreibung aus der Baubeschreibung 234 der Fw200 C-3 von Focke Wulf. Die Baubeschreibung 234 stammt aus dem Jahre 1940.
Der Auszug:
Fahrwerk
Aufbau
Das Fahrwerk besteht aus zwei voneinander unabhängigen Einheiten( Fahrgestellhälften), die am Tragflächenmittelstück hinter den beiden inneren Motoren an Vier Punkten angelenkt sind, und dem Sporn, der an Spant 13 schwenkbar eingebaut ist.
Fahrgestell
Die beiden Fahrgestellhälften können im Fluge vollkommen eingezogen werden.
Die Fahrgestellhälften sind untereinander austauschbar.
Jede Fahrgestellhälfte besteht aus:
- 2 Bremsrädern in Doppelanordnung
- 2 EC Federstreben (Luftfederung mit Öldämpfung)
- 1 Lenker mit Achse für die Laufräder
- 1 Knickverband
- 1 Schwenkverband
- 1 Knickverbandfederung
Laufräder und Bremsen
Als Laufräder gelangen die EC – Räder 1100 x 375 mit einem Bremsduchmesser von 385 mm zum Einbau.
Die Räder haben Ballonbereifung und Öldruckbremsen.
Reifendruck:
- bei 3700 kg Radlast 3,0 atü
- bei 4500 kg Radlast 3,75 atü
Die Auslösung der Bremsen erfolgt durch Fußspitzendruck auf die entsprechenden Seitenruderpedale des linken Flugzeugführers.
Federstreben
Als Federstreben gelangen solche der Firma ELEKTRON-CO. (EC) mit einem max. Federweg von 260 mm zum Einbau.
Die beiden Federstreben liegen parallel zueinander und stützen sich mit ihrem oberen Ende gegen den Schwenkverband, mit ihrem unteren Ende gegen den Lenker ab.
Die Federstreben sind gelenkig mit Schmierbolzen angeschlossen.
Lenker
Der Lenker, der Schwinghebel des Fahrgestellsystems, der aus Stahlblech und Strangpressteilen zusammengebaut ist, liegt zwischen den Rädern und trägt an seinem vorderen Ende eine Lagerung für die Achse der Laufräder.
Achse
Die Radachse ist einsatzgehärtet und geschliffen und wird durch 2 Sechskantschrauben in der Lagerung des Lenkers festgehalten.
Knickverband
Der Knickverband ist eine zweiteilige, in V-Form gebaute Stahlrohrkonstruktion, die um eine in etwa halber Höhe liegende Achse, an der die Kolbenstangen der Einziehzylinder angreifen, zusammenklappbar ist.
Der obere Teil des Knickverbandes ist an zwei Beschlägen am Nasenholm des Tragwerkes, der untere Teil am Schwenkverband angelenkt.
Schwenkverband
Der Schwenkverband ist ein in Form einer vierseitigen schiefen Pyramide gebautes Stahlrohrfachwerk, das mit der Spitze an dem unteren Teil des Knickverbandes und mit den Fusspunkten der einen Seite in zwei Beschlägen am Hauptholm angeschlossen ist und an den Fusspunkten der unteren Seite schwenkbar den Lenker trägt.
Knickverbandfederung
Die Knickverbandfederung besteht aus einer Zugfeder, die als zusätzliche Ausfahrsicherung benötigt wird.
Sporn
Foto: Condor Team Bremen
Aufbau
Der Sporn ist so ausgebildet, dass er während des Fluges in das Rumpfende eingezogen werden kann.
Der Sporn besteht aus :
- 1 EC Federbein
- 1 Spornrad
- 1 Sporngabel
- 1 Schwenkarm
- 1 Spornbrücke
Die Sporngabel, der Schwenkarm und die Spornbrücke sind geschweisste und vergütete Stahlblech- bezw. Stahlrohrkonstruktionen.
Spornrad
Radgrösse: 630 x 220 mm. Einbau von Rädern 685 x 250 mm wird vorbereitet.
Reifendruck: 5 atü
Das Spornrad ist um 360° schwenkbar.
Eine Dämpfung verhindert ein Flattern des Rades während des Rollens.
Na, alles verstanden?
Zur Veranschaulichung und Begriffsbestimmung der Baubeschreibung folgen jeweils eine Übersichtszeichnung mit Ortskennzahlen und eine Blatt mit der entsprechenden Bezeichnung der Kennzahlen. So bekommt man eine Vorstellung von „Lenker“, „Knickstrebe“, „Schwenkverband“ usw.
Diese Daten stammen aus der Fw 200 C-3 Ersatzteilliste vom 28. Juli 1943.
Fahrgestellhälfte
Fw 200 C3 Fahrwerk Ersatzteilliste 1943
Sporn
Fw 200 C3 Sporn Ersatzteilliste 1943
Einziehvorrichtung
Fahrgestell
Die Fahrgestellhälften werden durch Zug je zweier hydraulisch betriebener Kolben, die an den Knickverbänden angreifen, durch Schwenken um die Anschlusspunkte am Hauptholm nach vorn in die inneren Motorgondeln eingezogen und im eingezogenen Zustand mechanisch eingeklinkt.
Das Ausfahren der Fahrgestelle geschieht ebenfalls hydraulisch, wobei in der Endstellung die Kolbenstangen der Einziehzylinder im Zylinder mechanisch verriegelt werden.
Bei Versagen der hydraulischen Anlage ist ein einwandfreies Ausfahren der Fahrgestelle durch Eigengewicht und Staudruck möglich, wobei die Kolbenstangen durch eine am Knickverband angreifende Federkraft in die Endstellung gebracht werden.
Fahrwerksklappen
Die Gondelöffnungen sind im Fluge durch je zwei Klappenpaare abgedeckt, von denen die vorderen so gesteuert werden, dass sie nur während des Ein- und Ausfahrvorganges öffnen, während die hinteren über ein zwangsläufig mit dem Schwenkverband gekoppeltes Gestänge betätigt werden und nur bei eingefahrenem Fahrwerk geschlossen sind.
Foto: Condor Team Bremen
Foto: Condor Team Bremen
Foto: Condor Team Bremen
Foto: Condor Team Bremen
Sporn
Das Einziehen des Sporns erfolgt ebenfalls hydraulisch und gleichzeitig mit dem Fahrgestell.
Das Ausfahren des Sporns geschieht durch Eigengewicht mit Unterstützung durch den Staudruck.
Im ein- und ausgefahrenen Zustand ist der Sporn mechanisch eingeklinkt.
Fotos: Condor Team Bremen
Überwachung
Zur Überwachung des Fahrwerkein- und Ausfahrvorganges ist im Führerraum eine optische Anzeige angebracht.
Fotos: Condor Team Bremen
Ausserdem ist im Führerraum ein akustisches Warngerät (Boschhorn) vorhanden, das über Gasgestängeschalter eingeschaltet wird und bei Leerlaufstellung der Gashebel und eingefahrenen Fahrwerk ertönt.
Für die Fahrgestelle sind weiterhin an der Oberseite der inneren Motorgondeln je eine mechanisch betätigte Signalscheibe eingebaut, die bei ausgefahrenen Fahrgestellen sichtbar werden.
Das schwarze Dreieck auf der Fahrwerkstonne dient als mechanische Anzeigevorrichtung für das Fahrwerk. Ist das Dreieck sichtbar, dann ist das Fahrgestell vollständig ausgefahren. In der farbigen Welt ist das Dreieck rot gekennzeichnet und beim eingefahrenen Fahrwerk hat sich das rote Dreieck in die Fahrwerkstonne gedreht und ist somit von außen nicht mehr sichtbar. Alle anderen dauerhaften Zwischenstellungen des Dreieckes deuten auf ein Fahrwerksproblem hin. Diese Anzeige befindet sich jeweils auf der linken und rechten Fahrwerkstonne und beide arbeiten unabhängig von einander.
Fotos: Condor Team Bremen
Arbeitsweise der hydraulischen Anlage
Das Ein- und Ausfahren wird bewerkstelligt durch einen im Führerraum angebrachten Fahrwerkshebel, der zwei Schalterstellungen, “Ein“ und “Aus“, besitzt und über Gestänge auf die in den inneren Gondeln untergebrachten hydraulischen Fahrwerksschalter und die mechanischen Fahrwerksverriegelungen wirkt.
Fotos: Condor Team Bremen
Die Hebelstellungen “Ein“ ist gegen unbefugtes Betätigen durch ein Schloss gesichert.
Die Einfahrzeit beträgt ca. 30 sec, für das Ausfahren werden ungefähr 15 sec benötigt.
==> Ende der Focke Wulf Baubeschreibung 234
Fotos vom Ein- und Ausfahren des Fahrwerks auf einem Teststand:
Fotos: Condor Team Bremen
Am Anfang eines langen Weges…